Die deutsche Sozialmedizin hat sich in Theorie und Praxis zu einer eigenständigen wissenschaftlichen Disziplin der Medizin entwickelt. Die erste sozialmedizinisch orientierte Zeitschrift in Deutschland erschien bereits 1783. Durch das Wirken Rudolf Virchows erreichte die Sozialmedizin im 19. Jahrhundert einen Höhepunkt. Der Morbiditätswandel mit der Herausbildung der heutigen, überwiegend chronischen Volkskrankheiten und die Bewertungs-, Finanzierungs- und Steuerungsprobleme des modernen Gesundheitswesens bedeuten eine Herausforderung für Medizin und Gesellschaft gleichermaßen und verlangen – über die gewöhnlich auf das Individuum orientierte klinische Medizin hinaus – eine bevölkerungsbezogene Perspektive auch innerhalb der Medizin.
Sozialmedizin beschreibt und analysiert die vielfältigen Wechselwirkungen zwischen Gesundheit und Krankheit, ihren Risiken und protektiven Faktoren einerseits und gesellschaftlichen Tatbeständen andererseits unter ätiologischer, präventiver, rehabilitativer, gutachterlicher, versorgungsrechtlicher und ökonomischer Perspektive. Sie befasst sich dazu wissenschaftlich und praktisch mit dem Gesundheitszustand der Bevölkerung und seinen Determinanten, der Organisation des Gesundheitswesens und der sozialen Sicherung sowie den Wirkungen und Kosten der medizinischen Versorgung.
Die Sozialmedizin nutzt für ihre Aufgabe epidemiologische, klinische, sozial- und verhaltenswissenschaftliche, ökonomische und ökologische Methoden. Ihr Ziel ist es, zur effektiven und effizienten Vermeidung oder Bewältigung gesundheitlicher Probleme und ihrer sozialen Folgen bei Einzelnen und in der Bevölkerung beizutragen.
Die Sozialmedizin behandelt diese Aspekte als Pflichtfach innerhalb der medizinischen Ausbildung, im Rahmen der Weiterbildung zum Erwerb der Bereichsbezeichnung “Sozialmedizin” und in der Fortbildung von Angehörigen der Gesundheits- und Sozialberufe. In den Studiengängen Public Health und Gesundheitswissenschaften ist sie Kernfach und erfüllt eine Brückenfunktion zur klinischen Medizin. In den Fachbereichen Sozialwesen und Pflege an Fachhochschulen ist sie notwendiger Teil der Ausbildung.
Die Deutsche Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP) fördert sozialmedizinische Forschung, Lehre und Praxis (§ 2.1 der Satzung) durch wissenschaftliche Veranstaltungen, Stellungnahmen und Gutachten. Sie unterstützt die Lehr- und Forschungstätigkeit ihrer Mitglieder und deren wissenschaftliche Berichterstattung.
Sie vertritt das Fach in der Öffentlichkeit, in Gremien der Wissenschaftsförderung, in Beiräten von Sachverständigen, bei Ministerien des Bundes und der Länder, an Universitäten, Fachhochschulen und in den der Fort- und Weiterbildung dienenden Akademien. Sie informiert und berät die Entscheidungsträger der Gesundheitspolitik, der Sozialversicherung und der sonstigen Kostenträger. Über den deutschen Kontext hinaus fördert die DGSMP das Ziel, sozialmedizinische Perspektiven und Methoden auf europäischer und internationaler Ebene zu stärken.